Durchs Fegefeuer zum Glück?

27. November 2021

Vom Parkplatz gehen wir die Straße hinauf nach Norden zur Riedschwandt, dort in einem großen Bogen Richtung Westen bis zum letzten Hof. Wir spazieren mitten hindurch, und dann sehr steil den Hügel rauf, auf den Wald zu. Hier beginnt ein wunderschönes Wanderwegerl durch den Wald, das direkt auf die Hochalm führt. Die Hochalm ist ein früheres Almgebiet des Klosters Mondsee. Wir genießen den herrlichen Ausblick und einen Schluck aus der Zaubertrankflasche. Nee, war nur Wasser.

Wir halten Richtung Südwesten, und wandern fast eben auf einer Forststraße zu einer T-Kreuzung. Hier wenden wir uns nach links, und gehen ohne nennenswerten Höhengewinn oder –verlust dem Rücken in südöstlicher Richtung entlang. Endlich biegt rechts ein Wanderweg ab. Er führt hinauf zur Radstatt, einem vielleicht schon von den Kelten benutzten kultischen Platz. Ich wollte aber eigentlich den Mondseeberg mitgenommen haben, und dafür hätten wir schon viel früher rechts, ohne Weg, den Wald hinaufhirschen sollen. Also: „wild“ den Berg hinauf, Richtung Südwesten. Wir treffen auf ein Wanderwegerl, das wir überqueren, und kommen schließlich bei einem weiteren Weg auf dem Rücken oben an. Dort bin ich mir nicht sicher: Ist der Mondseeberg noch weiter westlich, und müssen wir rechts weiter, oder eh schon nach links, auf die Kulmspitze zu. Ein befragter Einheimischer – gut, sein Dialekt klang a bissl bayrisch – erklärte uns, dass es den „Mondseeberg“ gar nicht gibt, sondern dass der ganze Höhenrücken so heißt. Wir ließen uns das einreden, auch weil wir keine Lust mehr hatten, noch weiter vom Ziel weg zu kommen. Zuhause nachgesehen habend muss ich allerdings feststellen: Rechts wäre er gewesen, 1029m hoch. Naja, nächstes Mal. Wir erreichen die Radstatt mit der Radstattkapelle.

Das ist ein vielbesuchter Andachtsort. Die Kapelle ist offen, die Ausstattung vielfältig. Unsere Aufmerksamkeit zieht ein Bild auf sich, das Jesus, den Herrn des Himmels und der Erde zeigt, im Kreis seiner Nachfolger*innen. Rechts unten brennt’s – das ist die Hölle. Links unten, zur Rechten des Herrn also, das Fegefeuer. Zu erkennen ist es daran, dass die Dortigen noch hilfesuchend ihre Hände nach oben strecken, was die Hölleninsassen nicht mehr tun. Warum sie in einer Art grünen Soße stehen, habe ich nicht herausgefunden. Abraham ist unterwegs und lindert ihre Leiden – ganz wie in Lukas 16 erwähnt. Am Ende dieses „Soße-Flusses“ empfängt ein Lichttor die Geläuterten…

Wir brechen wieder auf, Richtung Osten, über den Radstattrücken, 1034 m hoch, dann wieder kurz runter, noch über einen Mugel, 1065m, wieder runter, und schlussendlich hinauf zur Kulmspitze, und deren Aussichtsturm. Geschafft!

Den Abstieg über bewegt mich der Gedanke, ob wir das Glück immer durch Läuterung erreichen. Oder doch nicht? Beim Wandern müssen wir schwitzen und leiden, um dann glücklich am Gipfel oder auf dem Aussichtsturm zu stehen. Im Berufsleben heißt es – Ausnahmen soll es geben – „ohne Schweiß kein Preis“, oder so ähnlich. Da ist es naheliegend, dass auch der Weg in den Himmel über  Läuterung und Quälerei im Fegefeuer führen soll. Andererseits: Ist das wahre Glück, ist das Himmlische nicht das, das wir durch eigene Anstrengung gerade nicht erreichen? Ist nicht das überraschend Zufallende, ohne Vorleistung sich Einstellende das, was uns wirklich glücklich macht? Denkt mal an die Geschenke, über die wir uns zu Weihnachten wirklich freuen… Jedenfalls fallen mir  ein Haufen Bibelgeschichten ein, die das letzte, ewige Glück als so etwas beschreiben. Und es gibt keine einzige Bibelstelle, die vom Fegefeuer berichtet.

Wir kommen beim Gasthof Kulmbauer an. Direkt davor hätten wir – kurz – links gehen sollen, um auf den Weg zu kommen, der uns durch den Kulmgraben hinaus gebracht hätte, zu der Straße, die zum Fidelen Bauern hinaufführt. Wir sind aber die asphaltierte Zufahrtstraße zum Kulmbauern runter gehatscht, bis sie eine Rechtskurve macht. Dort sind wir halblinks in den Wald hinauf und über den Mugel, wieder ohne Weg, hinunter in den beschriebenen Graben. Raus zur Straße, links hinauf zum Fidelen Bauern. Dämmrig war es geworden.

Zuhause zünden wir die erste Kerze am Adventkranz an. Wir freuen uns darüber, dass uns das Licht Heil und Erlösung ankündigt, und nicht Schwitzen bis zur Läuterung.

Werk für Evangelisation und Gemeindeaufbau in der Evang. Kirche A.B. in Österreich
Körperschaft öffentlichen Rechts, DVR 418 056 (210); A-4864 Attersee, Neustiftstraße 1 Tel: +43 / 7666 / 70157 FAX: +43 / 7666 / 70157-4 E-Mail: eundg@evang.at Attergauer Raiffeisenbank, St. Georgen i.A., IBAN: AT 75 3452 3000 0000 2220 BIC: RZOOAT2L523