Was soll ich? Was darf ich? Was muss ich?

11. Oktober 2021
 
Alles beginnt am mittleren Parkplatz. Man soll ein hölzernes Plättchen mit Nummer aus einem Kasten ins Auto legen, und dafür 2,50 € in den Kasten werfen.  
Soll ich? Muss ich? Der neben mir parkende sehr alte Herr tut’s nicht.
 
 
Wir schon.
 
 
Wir grüßen den alten Herren freundlich – wie es sich gehört in den Bergen. Er grüßt nicht zurück. Muss er? Soll er? Wir gehen gemeinsam los, der alte Herr etwas schneller als wir.
Gleich nach dem Parkplatz kann man sich entscheiden: rechts oder links vom Bach. Es ist gleich weit, reine Geschmackssache. Ich meine an diesem Morgen, wir kriegen mehr von der Sonne ab, wenn wir uns rechts halten. 
Es geht erst die Forststraße, dann den breiten Wanderweg zuerst nach Süden, dann immer Richtung Westen bis hinauf zur Oberwiesalm. Hier halten wir uns nicht auf, sondern steuern rechts auf den Wald zu. Auf einer Bank davor sitzt er wieder, unser alter Herr. Irritierend sind mehrere große Schilder, die Paragleitern Strafverfolgung androhen, wenn sie von hier starten oder landen.
 
 
Die 180 steilen Höhenmeter durch den Wald hinauf zum Gipfel begleitet uns das unangenehme Surren einer Drohne. Wer? Dürfen die das? Sollen sie? Müssen sie? Kurz vor dem Gipfel überholt uns – nein, nicht der alte Herr, sondern ein Junger mit einem Riesenrucksack. Meiner war auch groß, weil ich Angst hatte zu frieren, aber der?
Am Gipfel kein Drohnenlärm mehr! Dafür hat man eine herrliche Aussicht ins Alpenvorland, zum Fuschl- und zum Mondsee, in die Osterhorngruppe, ins Tennengebirge, zum Dachsteinmassiv und noch weiter. Grandios.
 
 
Die mitgebrachte Jause wird genussvoll und mit Dank an den Schöpfer verspeist.
 
 
Währenddessen hat der junge Mann, der uns überholt hatte, … seinen Gleitschirm ausgebreitet. Er bittet Gabi noch um einen kleinen richtenden Handgriff – und startet, direkt neben dem Verbotsschild! Ja, unverschämt!?
Runter zur Döllererhütte. Eigentlich hatten wir nicht erwartet, dass was offen ist, und deswegen Jause inclusive Kaffee und Kuchen im Rucksack. Aber wenn die Hütte offen ist, gehört es sich einfach, einzukehren, und (eine kleine) Zeche zu machen. Jedenfalls hat das meine Mama immer gesagt…
Die Suppe – ein Genuss. Der abschließende Gratis-„Vierkanter“ auch. Ähm – am Nebentisch saß der alte Herr. „Der red’t nicht viel.“, sagt die Wirtin. Ja, wissen wir. Muss ja auch nicht. Und nochmal ähm: mit 3G ist nicht viel in manche Berg‘. Sollen? Müssen? Dürfen?
Wir machen uns wieder auf den Weg. Ein Stück weiter unten suchen wir uns ein ruhiges, windgeschütztes, sonniges Plätzchen, wo wir unsere Nachspeise verdrücken.
 
 
So guat, so scheeen!
Für den Rückweg zum Auto halten wir uns diesmal – Blickrichtung Auto – rechts vom Bach, schließlich besteht die Hoffnung auf noch ein bisschen mehr Sonne.
Als wir ankommen, sitzt der alte Herr gerade in seinem Auto. Was tut er da? Vielleicht denkt er ja über den Spruch von Theodor Storm nach: "Der eine fragt: Was kommt danach? Der andere fragt nur: Ist es recht? Und also unterscheidet sich der Freie von dem Knecht." Ich weiß nicht…
Solches im müden Hirn bewegend, tuckere ich auf der Heimfahrt mit 60 km/h hinter einem Schläfer in der 80er-Zone mit Überholverbot her. Es juckt mich gewaltig im Gasfuß! Bevor ich den Blinker raushauen kann, rauscht auch schon ein maßlos unverschämter Verkehrs-Rowdy überholend an uns vorbei…. Ich schimpfe – zu meiner Frau rüber – wie ein Rohrspatz. Sie sagt nur: „Gott mag ihn trotzdem!“ Ja, eh, genau wie den Gleitschirm-Flieger, die Covid-Vergessenen, den Drohnenpiloten, und den alten Herren. Und mich.
Werk für Evangelisation und Gemeindeaufbau in der Evang. Kirche A.B. in Österreich
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